1. Operativer Kreuzbandersatz durch Sehnentransplantation (Kreuzbandplastik)
  2. Woraus wird das Transplantat für die Kreuzbandplastik gewonnen?
  3. Vorteile der minimalinvasiven Kreuzbandplastik
  4. Mögliche Komplikationen nach Kreuzbandplastik
  5. Wiederannähen des Kreuzbandes nach knöchernem Ausriss (Refixation)
  6. Naht des Kreuzbandes nach Teilriss
  7. Häufige Patientenfragen zur Kreuzband-OP an Prof. Dr. Sven Ostermeier von der Gelenk-Klinik
Ruptur der Kreuzbänder im Kniegelenk Deutlich sichtbar ist das verletzte vordere Kreuzband in der Bildmitte. Verletzungen der Seitenbänder im Kniegelenk können einen Kreuzbandriss begleiten. © Istockphoto.com/MedicalArtInc

Eine Kreuzband-OP soll die Funktion der verletzten Kreuzbänder nach einem Kreuzbandriss (Kreuzbandruptur) wiederherstellen. In Deutschland treten jedes Jahr über 100.0000 Knieverletzungen mit Kreuzbandriss auf.

Ein Kreuzbandriss entsteht durch Distorsion (Verdrehung) oder Umknicken des Kniegelenks. Bei vollständig oder teilweise gerissenen Kreuzbändern ist die Position des Oberschenkels im Gelenk nicht mehr stabil. Zusätzlich zum gerissenen Kreuzband können auch Knorpel, Menisken, Außenband und Innenband sowie Knochen des Kniegelenks verletzt werden. Ein unbehandelter Kreuzbandriss kann dauerhaft eine Kniearthrose begünstigen. Der vordere Kreuzbandriss heilt nicht spontan oder konservativ aus.

80 % aller Kreuzbandrisse werden operativ durch eine Kreuzbandplastik (Kreuzbandrekonstruktion) behandelt. Eine weitere Operationstechnik ist die Kreuzbandnaht, mit der ein nur teilweise gerissenes Kreuzband wieder angenäht werden kann. Nach einem knöchernen Ausriss aus der Verankerung im Oberschenkel oder Schienbein können Kreuzbänder auch refixiert werden (Refixation).

Es ist für die Kniespezialisten der Gelenk-Klinik sehr wichtig, je nach Schadensmechanismus eine differenzierte Kreuzbandoperation anbieten zu können.

Es gibt nur wenige Ausnahmen, wo wir den Kreuzbandersatz nicht empfehlen und stattdessen konservativ behandeln. Das betrifft vor allem ältere Patienten mit sehr geringem Aktivitätsniveau.

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Operativer Kreuzbandersatz durch Sehnentransplantation (Kreuzbandplastik)

Frische Kreuzbandverletzung Arthroskopisches Bild des Kniegelenks: frische Verletzung des vorderen Kreuzbandes mit knöchernem Ausriss. Ohne Kreuzbandplastik (Kreuzbandersatz) heilt ein Kreuzbandriss nicht aus. © Gelenk-Klinik.de

Eine Kreuzbandplastik ersetzt das vordere Kreuzband durch eine körpereigene Sehne (autologes Transplantat). Diese Operationstechnik gilt heutzutage als Standardoperation, wenn der Riss des vorderen Kreuzbandes über 50 % des Banddurchmessers umfasst.

Es gibt verschiedene Varianten dieser Technik. Das Prinzip ist aber bei jeder Variante gleich: Eine patienteneigene Sehne ersetzt als autologes Transplantat die Funktion des gerissenen Kreuzbandes.

Das Sehnentransplantat wird durch Bohrtunnel, die durch Oberschenkelknochen (Femur) und Schienbein (Tibia) gebohrt werden, hindurchgezogen. Dann befestigt der Arzt das Kreuzbandtransplantat in diesen Tunneln.

Die Unterschiede dieser Varianten betreffen zwei Bereiche:

  1. Wahl des Transplantats (z. B. Semitendinosus-/Gracilissehne, Patellasehnendrittel oder Quadrizepssehnendrittel)
  2. Befestigung des Transplantats mit unterschiedlichen Materialien (Fäden, Schrauben, Kunststoffstifte)
Kreuzbandriss OP: Entnahme des Sehnentransplantats und Entfernen des gerissenen Kreuzbandes Entnahme des Sehnentransplantats und Entfernen des gerissenen Kreuzbandes. © bilderzwerg, Adobe Kreuzbandriss OP: Vorbereitung des Knochens und Einsatz des Transplantats Vorbereiten des Knochens und Einsatz des Sehnentransplantats. © bilderzwerg, Adobe

Möglichkeiten und Grenzen der Kreuzbandplastik

Der Vorteil dieser Art der Operation ist die hohe Stabilität des Kniegelenks direkt nach der Operation. In der Regel kann der Patient das Kniegelenk sofort voll belasten. Die Beweglichkeit ist nur für kurze Zeit eingeschränkt. Eine Gelenkorthese ist ebenfalls nur für einige Wochen notwendig.

Der Nachteil ist, dass für diese Operation eine andere Sehne geschwächt werden muss, um das Transplantat zu gewinnen. Die ursprünglichen Nervenendigungen des natürlichen Kreuzbandes sind nach dem Transplantat nicht mehr vorhanden. Dadurch ändert sich die Gelenkkoordination (sog. Propriorezeption).

Ältere Patienten: Kreuzbandplastik bei Kniearthrose

Eine Kreuzbandrekonstruktion durch Kreuzbandplastik ist nicht nur bei jungen, sportlichen Patienten angezeigt. Auch im älteren und schon von Knorpelverschleiß gezeichneten Knie kann eine Rekonstruktion des Kreuzbandes die Gelenkflächen stabilisieren.

Die Überbeweglichkeit des Kniegelenks ist ein deutlicher Risikofaktor für einen Meniskusverschleiß. Daher wird die Kreuzbandrekonstruktion häufig als Teil eines umfassenden, gelenkerhaltenden Behandlungskonzeptes durchgeführt.

In frühen Stadien einer Kniearthrose kann eine Stabilisierung des Kniegelenks durch Kreuzbandersatzplastik die Arthrose bremsen. So wird im Kontext der Durchführung einer Knorpeltransplantation im Kniegelenk stets auch die Kreuzbandfunktion geprüft: Vor der Erneuerung der Knorpelflächen sollte in jedem Fall auch die Überbeweglichkeit des Kniegelenks therapiert werden. Diese Überbeweglichkeit würde ansonsten den Erfolg der Knorpeltransplantation infrage stellen.

In vielen Fällen muss die Kreuzbandoperation daher mit weiteren gelenkerhaltenden Eingriffen kombiniert werden, um das Ziel der gelenkerhaltenden Therapie zu erreichen:

Kreuzband-OP und Umstellungsosteotomie:

Durch eine Umstellungsosteotomie (operative Korrektur der Beinachse) kann die Last zwischen den beiden Kompartimenten des Kniegelenks bei Fehlstellung der Beinachse (X-Bein oder O-Bein) gleichmäßiger verteilt werden. Auch nach Umstellungsoperation ist die Stabilisierung der zentralen Beinachse durch eine intakte Kreuzbandfunktion wichtig: Ein Kreuzbandriss wird daher im Zuge der Kniegelenk-Osteotomie immer mitbehandelt.

Kreuzband-OP und autologe Knorpeltransplantation (ACT):

Eine autologe Knorpeltransplantation kann Knorpelschäden wieder biologisch regenerieren. An der schadhaften Stelle wächst nach der Transplantation wieder gesunder Knorpel nach und sorgt für die Gleitfähigkeit im Knie. Ein Kreuzbandriss und die schädliche Überbeweglichkeit des Kniegelenks können den Erfolg dieser Knorpeltherapie aber verhindern. Deswegen kombinieren wir immer die Knorpeltherapie mit einer Kreuzbandoperation, wenn ein Kreuzbandriss oder eine Instabilität des Kreuzbandes vorliegen.

Kreuzband-OP und Teilprothesen bzw. Inlays:

Ein Knorpelschaden in einem Teil des Kniegelenks ist sanierbar durch eine Teilprothese oder ein Inlay. Dadurch wird der Knorpelabbau an der schadhaften Stelle gestoppt und die knorpelschädigenden Entzündungen durch aktivierte Arthrose (Osteoarthritis) reduziert. Auch beim Einsatz der Knieteilprothese ist das Knie auf eine vollständige Führung und Stabilisierung durch Bänder und Muskulatur angewiesen. Das natürliche Bewegungsgefühl ist einer der besonderen Vorteile der Knieteilprothese. Daher wird ein Kreuzbandriss bei Knieteilprothese stets mitbehandelt. Mit dem Kreuzband wird die zentrale Säule der Stabilität der Beinachse wiederhergestellt.

Woraus wird das Transplantat für die Kreuzbandplastik gewonnen?

Sehne des Semitendinosusmuskels als Ersatz des vorderen Kreuzbandes Das Transplantat für die Kreuzbandplastik wird in einem vorbereitenden Schritt aus der Sehne des Musculus semitendinosus (Halbsehnenmuskel) gewonnen. Dieser Muskel liegt an der Rückseite des Oberschenkels. Dann wird das Transplantat verarbeitet und vorgedehnt, um eine maximale Zugfestigkeit zu erzielen. © Sebastian Kaulitzki, Fotolia

Für den minimalinvasiven Kreuzbandersatz entnehmen wir die Sehne meist im Bereich des vorderen Kniegelenks. Dafür kommt entweder die Patellasehne oder die Semitendinosussehne infrage. Im Vergleich zu anderen Techniken (z. B. Entnahme einer Hamstringsehne aus der ischiocruralen Muskulatur) erleidet der Patient nach der Entnahme aus dem vorderen Knie weniger Schmerzen (geringe Entnahmepathologie).

Vor allem das Patellasehnendrittel bietet eindeutige Vorteile. Es kann mit einem kleinen Knochenstück am Ende der Sehne aus der Patella (Kniescheibe) entnommen werden, das bei der Verankerung des Transplantates hilft. Dieses Knochenstück heilt an der betreffenden Stelle ein und stabilisiert die Kreuzbandplastik. Die Reißfestigkeit des Patellasehnendrittels als Transplantat liegt bei einer Maximallast von 1800–2000 kg. Das liegt leicht unter der Maximallast des natürlichen Kreuzbandes von 2400 kg. Die Traglast und Steifigkeit des Transplantats kommt dem natürlichen Kreuzband also sehr nahe.

Bei Entnahme der Semitendinosussehne (Sehne am hinteren Oberschenkel) für die Kreuzbandplastik entsteht eine geringere Entnahmemorbidität (Schmerzen nach der Operation). Allerdings kann die Einheilungsphase länger dauern, weil die Semitendinosussehne nicht mit einem Knochenstück verpflanzt werden kann. Sie wird über einen kurzen Hautschnitt an der Innenseite des Schienbeins auf einer Länge von ca. 25 cm entnommen. Die Länge der Semitendinosussehne erlaubt die 4-fache Bündelung zur Erhöhung der Steifigkeit und Traglast. Die Traglast der gebündelten Semitendinosussehne als Transplantat beträgt 2400 kg und entspricht damit der Traglast und Steifigkeit des natürlichen Kreuzbandes.

In der postoperativen Zeit vernarben die verbliebenen Strukturen an den Entnahmestellen, sodass kein signifikanter Kraftverlust nachzuweisen ist. Da es verschiedene gängige Operationsverfahren für die Kreuzbandplastik gibt, richten wir uns nach der individuellen Situation unserer Patienten.

Vorteile der minimalinvasiven Kreuzbandplastik

Medizinische Vorteile der arthroskopischen OP:

  • schnelle Wundheilung, weil nur ein kleiner Zugang zum Knie erforderlich ist
  • keine Störung der Gelenkfunktion durch großflächige Narbenbildung
  • relativ schmerzfreie Entnahme des Transplantates aus dem vorderen Kniebereich
  • Reißfestigkeit des Kreuzbandes
  • schnellere Wiederaufnahme von Sport auch im Leistungsbereich
  • durch Vordehnung des Transplantates optimale Kniestabilität nach der Operation

In der Gelenk-Klinik kommen nur minimalinvasive Verfahren des Kreuzbandersatzes zum Einsatz. Die Operation des Kreuzbandes erfolgt durch zwei kleine Hautschnitte mit arthroskopischen Geräten. Dabei führt der Operateur lediglich dünne Schläuche durch die Hautschnitte in das Gelenk ein. Durch diese Schläuche bringt er die für die Operation notwendigen Geräte in das Knie ein. Beobachtet wird das Geschehen durch eine Kamera, die durch den Arbeitszugang in das Kniegelenk eingeführt wird. Mit dieser sehr spezialisierten Operationstechnik kann man mit kleinsten Schnitten und – im Vergleich zur offenen Operation – stark verkürzter Heilungszeit ein Kreuzband operieren.

Der minimalinvasive Zugang erhält die natürliche Sensibilität des Knies. Offene Operationen mit großen Schnitten durchtrennen immer auch großflächig Nervenfasern. Dies setzt das Gefühl und die Selbstwahrnehmung (Propriozeption) im Knie mittels der Dehnungsrezeptoren herab. Auch die körpereigenen Schutzreflexe zur Vermeidung von Verletzungen bleiben nach einer minimalinvasiven Operation erhalten.

Biologischer Heilungsprozess nach Kreuzbandplastik

Zahlreiche vergleichende Studien belegen, dass eine Kreuzbandplastik mit körpereigenem Material die besten Resultate für das Kniegelenk erzielt. Bei der Plastik des Kreuzbandes mithilfe einer autologen Sehne setzt der Orthopäde einen natürlichen und nachhaltigen Heilungsprozess in Gang: Die implantierte Sehne wird als körpereigenes Material erkannt. Daher wachsen sofort Blutgefäße in die Sehne ein (Vaskularisierung), die sie dauerhaft versorgen und zu einem natürlichen Kreuzband umbauen.

Zunächst wird das gerissene Band also mechanisch durch zähes Sehnenmaterial ersetzt. Entlang des Transplantates erzeugen nach einigen Monaten körpereigene Heilungsprozesse wieder ein natürliches vorderes Kreuzband. Dieses Kreuzband hat eine ähnliche Belastbarkeit wie das gerissene. Das Knie behält seine natürliche Trainierbarkeit. Nach 6–12 Monaten ist diese Einheilung abgeschlossen.

Verarbeitung des Transplantats für die Kreuzbandplastik

Nach Entnahme der Sehne präpariert der Arzt diese entsprechend den Anforderungen eines Kreuzbandtransplantats. Die Sehne wird dabei gefaltet, vorgedehnt und gereinigt, bevor sie als Transplantat verwendet werden kann. Mögliche Ecken und Kanten der Knochenansätze bei Wahl der Patellasehne werden abgerundet, sodass ein optimaler Sitz im Bohrtunnel im Oberschenkel und Schienbeinknochen gewährleistet ist.

Vorbereitung des Knies für die Kreuzbandplastik

tibialer (im Schienbein liegender) Bohrkanal zur Befestigung des Transplantates Bohrkanal im Schienbein (Tibia): Der Kreuzbandersatz wird anstelle des gerissenen Kreuzbandes im Knochen verankert. © Gelenk-Klinik.de

Gleichzeitig zur Präparation der Sehne wird das Kniegelenk für die Transplantation vorbereitet. Die Kreuzbandersatzplastik muss wie das natürliche Kreuzband stabil in Oberschenkel und Unterschenkel verankert werden. Hierzu bringt der Operateur in beiden Knochen anatomisch passende Verankerungskanäle ein. An der Verankerungsstelle wächst das Transplantat innerhalb weniger Monate stabil in den Knochen ein.

Behandlung der Begleitverletzungen nach einem Kreuzbandriss

Zur Vorbereitung einer erfolgreichen Kreuzbandoperation gehört auch die Mitbehandlung von Begleitverletzungen. Bei Verdrehung (Distorsion) des Kniegelenks können auch andere Strukturen im Knie beschädigt werden. Der erfahrene Orthopäde sucht daher bei einer Kreuzband-OP auch nach begleitenden Meniskusrissen und Knorpelschäden.

Nachdem diese Vorbereitungen abgeschlossen sind, bringt der Arzt das neue, körpereigene Kreuzband über die arthroskopisch vorbereiteten Verankerungskanäle in das Knie ein. Die Verankerung des Kreuzbandersatzes sowie Funktion und Position kontrolliert er mehrfach unter direkter Sicht.

Fixierung der Kreuzbandplastik

Kreuzbandplastik im Knochen verankert Das Sehnentransplantat wurde im Knochenkanal verankert. Es übernimmt nun die Funktion des vorderen Kreuzbandes. © Gelenk-Klinik

Damit das Transplantat stabil im Bohrtunnel verankert ist, wird es mit speziellen Schrauben im Bohrtunnel verklemmt (fixiert). Diese Schrauben bestehen aus resorbierbarem Material und lösen sich nach ca. 2 Jahren wieder auf. Nur bei schlechter Knochenqualität sind permanente Titanschrauben erforderlich. Andere Fixierungstechniken für die Kreuzbandplastik nutzen Schlaufen, die im Bohrtunnel befestigt werden und das Transplantat fixieren.

Am Unterschenkel, wo eine Entfernung von Fixationsmaterial problemlos möglich ist, können alternativ Titanschrauben oder Titanklammern zum Einsatz kommen.

Mögliche Komplikationen nach Kreuzbandplastik

Während viele Patienten erfolgreich von dieser Operation profitieren, ist es wichtig zu erwähnen, dass in einigen Fällen auch Komplikationen nach einer Kreuzbandplastik auftreten können. Die umfassende Information über potenzielle Risiken trägt dazu bei, dass Patienten besser darauf vorbereitet sind und angemessen reagieren können.

Schmerzen nach der Gewinnung des Transplantats (Entnahmepathologie)

Bei der Wahl des Patellasehnendrittels können in den ersten Monaten nach der Operation Schmerzen im Entnahmebereich auftreten. Hinknien ist in dieser Zeit nicht möglich. Andererseits kann es bei Wahl der Semitendinosus- oder Gracilissehne vorkommen, dass das Transplantat sich weitet und verlängert, sodass trotz Rekonstruktion des Kreuzbandes geringe Instabilitäten möglich sind. Die Stabilität des Transplantates ist bei der Patellasehne höher.

Tunnelweitung nach Kreuzbandersatz

Große Bohrtunneldurchmesser sind ein Risikofaktor, insbesondere wenn ein Revisionseingriff z. B. nach erneuter Ruptur des Kreuzbandes erforderlich sein sollte. Die genaue Ursache für zu große Bohrtunnel ist nicht geklärt. Tunnelweitung kann unabhängig von den Implantattypen und Befestigungsverfahren des Kreuzbandtransplantates auftreten.

Bewegungseinschränkungen und Steifheit des Kniegelenks

Für die Versteifung des Kniegelenks ist vor allem die Arthrofibrose verantwortlich. Aufgrund von Narbengewebe kommt es zu einer eingeschränkten Beweglichkeit im Gelenk. Meist führt die Arthrofibrose zu einem Streckdefizit des Kniegelenks. Häufig ist ein Infekt die Ursache für diese Art von Narbenbildung nach einer Kreuzbandplastik. Die genaue Ursache ist aber noch umstritten. Es gibt Hinweise, dass ein zu früher Beginn des Muskeltrainings nach dem Ersatz des Kreuzbandes die Entstehung einer Arthrofibrose begünstigt.

Infektionen nach Ersatz des vorderen Kreuzbandes

Eine postoperative Infektion kommt selten vor nach der Operation eines Kreuzbandrisses. Tritt sie dennoch auf, kann sie katastrophale Folgen haben, bis hin zur Kniearthrose schon bei jungen Patienten. Vor allem eine lange Operationszeit begünstigt Infektionen. Das Transplantat sollte möglichst schnell und steril weiterverarbeitet werden.

Revision der Kreuzbandplastik bei unbefriedigendem Ergebnis oder erneuter Ruptur

Risikofaktoren für die Revision der Kreuzbandplastik

  • "Allograft" – das Transplantat stammt nicht vom Empfänger selbst
  • fehlerhafte Befestigungsstelle (Bohrtunnel)
  • Probleme bei der Einheilung des Transplantates
  • Fehler in der Rehabilitation
  • individuelle anatomische Unterschiede
  • mangelhaft behandelte Begleitverletzungen, z. B. an Menisken

Nach einer Kreuzbandplastik ist die Situation nicht für jeden Patienten ideal. Die große Auswahl an Methoden zur Gewinnung und Fixation des Transplantates zeigt, dass im Bereich der Kreuzbandplastik traditionell vieles versucht und viel experimentiert wird. Einige Fragen zur Operationstechnik sind noch nicht abschließend erforscht. Die Lernkurve für die korrekte Durchführung der Kreuzbandplastik ist steil: Insbesondere das Auffinden der biomechanisch korrekten Befestigungsstellen und das Anlegen der Bohrtunnel sind für Kniechirurgen schwierig zu erlernen. Leichte Abweichungen von der korrekten Position können zu einer übermäßigen Belastung der Kreuzbandplastik mit erneutem Kreuzbandriss führen. Eine Re-Ruptur des Kreuzbandes ist die Folge.

Anatomische Besonderheiten wie der Radius der Fermurkondyle ("Oberschenkelrolle" im Knie) erschweren die optimale Planung der Kreuzbandplastik. Daher müssen Patienten bei 15 % aller Kreuzbandplastiken mit einer Revision – einer Wiederholung des Eingriffs – rechnen.

Im Falle einer Revision müssen wir die Lage der bestehenden Bohrtunnel und die Lage der Implantate (resorbierbare Schrauben und ggf. Titanschrauben) berücksichtigen.

Daher sollten auch bei primären Kreuzbandoperationen keine Entscheidungen getroffen werden, die die spätere Revision des Kreuzbandes behindern. Damit ist insbesondere der Gebrauch von Implantatmaterial gemeint. Biologisch abbaubare Materialien haben den Vorteil, dass sie bei einer Revision leicht überbohrt werden können. Nichtresorbierbare Materialien müssen zunächst entfernt werden. Wir streben dennoch immer ein einzeitiges Vorgehen an. Das bedeutet, dass wir bei Kreuzbandrevisionen die vorhandenen Materialien während des selben Eingriffes entfernen, um dem Patienten eine weitere Operation zu ersparen.

Sollte sich der alte zu nah am neu geplanten Bohrtunnel befinden, müssen wir meist das Knochenmaterial auffüllen, um ein Einbrechen der Bohrtunnel zu verhindern.

Wiederannähen des Kreuzbandes nach knöchernem Ausriss (Refixation)

Eine Kreuzbandruptur kann auch ohne Transplantat, lediglich durch Anheftung des knöchernen Ausrisses des Kreuzbandes an Oberschenkel oder Unterschenkel erfolgen.

Insbesondere bei Kindern und Jugendlichen reißt das Kreuzband häufig mit einem Knochenstück heraus. Betroffen ist meist die Verankerung des Kreuzbandes im Schienbein (Tibia). Bei der Kreuzbandoperation ist hier darauf zu achten, die noch vorhandenen Wachstumsfugen der Patienten nicht zu verletzen.

Der Kniespezialist befestigt dieses ausgerissene Stück mithilfe von Schrauben und Drähten wieder im Knochen.

Nach ca. 6–8 Wochen ist das Knochenstück eingeheilt. Die eingebrachten Schrauben und die Drähte können bei Bedarf wieder entfernt werden.

Naht des Kreuzbandes nach Teilriss

Bei Teilrupturen des Kreuzbandes, die nicht mehr als 50 % des Banddurchmessers betreffen, ist in günstigen Fällen eine Naht oder Anheftung des Kreuzbandes ausreichend. Dabei wird der Bereich des knöchernen Ansatzes mit kleinen Bohrlöchern angefrischt. Dann legt der Arzt die gerissenen Fasern in speziellen Nahttechniken wieder an diese Stelle an und befestigt sie (sog. Healing Response).

Die Naht des Kreuzbandes hat den Vorteil, dass das ursprüngliche Kreuzband mit allen Nervenendigungen erhalten bleibt, die später die Koordination beim Gehen unterstützen.

Allerdings ist Vorsicht bei der Nachbehandlung geboten. Die Kreuzbandnaht ist gegenüber frühen, postoperativen Belastungen anfälliger als die Kreuzbandrekonstruktion. Ein striktes Nachbehandlungsschema mit zeitweiliger Entlastung des Kniegelenks und Tragen einer Gelenkorthese ist notwendig. Hier ist die Kooperation des Patienten (Compliance) extrem wichtig.

Häufige Patientenfragen zur Kreuzband-OP an Prof. Dr. Sven Ostermeier von der Gelenk-Klinik

Rehabilitation und Arbeitsfähigkeit: Wann kann das Kreuzband wieder belastet werden?

Rehabilitation nach Kreuzbandriss Um einem Muskelabbau entgegenzuwirken und das Knie zu stärken, sind regelmäßige Kräftigungs- und Bewegungsübungen wichtige Elemente der Rehabilitation. © Elnur, Fotolia

Bei planmäßigem Heilungsverlauf darf der Patient das Knie bereits zwei Tage nach dem Kreuzbandersatz wieder voll belasten. Diese Belastung kann ohne bewegungseinschränkende Orthesen oder Schienen erfolgen. Die im Vergleich zu anderen OP-Techniken (Refixation und Kreuzbandnaht) relativ schnelle Belastbarkeit bietet eindeutige medizinische Vorteile.

Bereits bei einer vollständigen Ruhigstellung von 7–10 Tagen ist 50 % der Muskelkraft im Oberschenkel des operierten Knies abgebaut. Die Wiederherstellung der Muskulatur nach einem Kreuzbandriss kann nach einem Muskelabbau dieser Größenordnung bis zu 1,5 Jahre dauern. Oft wird eine symmetrische Kraftentwicklung nach einseitigem Muskelabbau nie mehr ganz erreicht. Daher ist nach den abschwellenden Maßnahmen in den ersten Tagen eine frühe Belastungssteigerung bis zur Vollbelastung erforderlich. Die frühe Belastung beugt einem Muskelrückgang vor. Für eine zusätzliche Stabilisierung des Kniegelenks sind kräftige Muskeln unverzichtbar.

Nach einer Kreuzbandplastik findet im Alltag keine Unterbrechung des natürlichen Belastungsrhythmus statt. Während der Nachbehandlung steht zunächst die Abschwellung des Kniegelenks im Vordergrund.

Daran anschließend sind der Erhalt und die Steigerung der Beweglichkeit zentral. In der dritten Phase, die etwa 3–4 Wochen nach der Operation beginnt, wird ein intensiver Muskelaufbau durchgeführt. Insbesondere in dieser Phase ist die Mitwirkung des Patienten mit konsequenter Einhaltung von häuslichen Eigenübungen unabdingbar.

Wann darf ich nach einer Kreuzband-OP wieder Sport machen?

Da in der Einheilungsphase des rekonstruierten Kreuzbandes das Transplantat zunächst an Festigkeit verliert, sollte die Wiederaufnahme von sportlicher Betätigung frühestens nach 6 Monaten geplant werden. Bis zu dieser Zeit wächst das Transplantat fest in den bestehenden Gelenkverbund ein.

Mit welchen Einschränkungen muss ich beim Sport rechnen?

Sobald das Kniegelenk für sportliche Tätigkeiten freigegeben ist, darf der Patient die vorher betriebenen Sportarten wieder aufnehmen. Nach ca. einem Jahr kann man von einer im Vergleich zum natürlichen Kreuzband gleichwertigen Belastbarkeit des eingeheilten Transplantats ausgehen. Allerdings ist das Kniegelenk aufgrund der etwas geringeren Koordinationsfähigkeit anfälliger für weitere Verletzungen. Das gilt insbesondere für Kontaktsportarten mit hohen Geschwindigkeiten (Fußball, Handball).

Mit Schwimmen und Radfahren darf der Patient bereits nach vier Wochen beginnen. Je nach Sportart und Belastungsintensität sollte die Wiederaufnahme des Leistungssports nach der Kreuzbandplastik mit dem Arzt besprochen werden.

Wie lange dauert die Krankschreibung nach einemKreuzbandersatz?

Eine sitzende Bürotätigkeit kann in der Regel nach 10–14 Tagen wieder aufgenommen werden. Stehende und für das Knie belastende Tätigkeiten sind ebenfalls nach ca. 2 Wochen möglich. Vollbelastung ist zwar früher möglich und wird für die physiotherapeutische Mobilisierung genutzt, es sollte aber im Alltag die vollständige Wundheilung abgewartet werden.

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